Die meisten Touristen Neuseelands, die die Fiordlands besuchen wollen, besuchen den Milford Sound. Er ist einfach erreichbar und mit einer Tagestour problemlos anzuschauen. Doch wer ein intensiveres Erlebnis sucht und genug Zeit hat, der wählt den Doubtful Sound aus. Er ist ungleich grösser als der Milford und – da schwieriger zu erreichen – auch wesentlich weniger populär, heisst weniger Touristen. Wir buchten einen „Overnight Cruise“ bei den „Deep Cove Charters“ (http://www.doubtful-sound.com). Die Cruise führt durch den Sound inkl. seinen Armen bis zur offenen Tasman See, zudem hatte ich noch nie auf einem Schiff übernachtet. Für mich war das sozusagen der ultimative Stugerontest und eher an der Grenze meiner Seefestigkeit. Aber die Beschreibungen, was dieser „Sound“ (https://en.wikipedia.org/wiki/Sound_(geography))zu bieten haben soll, war zu verlockend.

Manapouri – West Arm – Deep Cove
Um überhaupt zum Doubtful Sound zu kommen, muss man eine ca zweistündige Anfahrt in Kauf nehmen. Von Manapouri aus schipperte uns eine Fähre queer über den Lake Manapouri nach West Arm. Dort wurden wir von Chris, unserem Skipper, in Empfang genommen – das Schiff lag aber noch ca eine Autostunde entfernt auf der anderen Seite des Wilmot Pass. Wir stiegen also in einen schon etwas älteren Bus und holperten über die Gravel Road den Pass rauf und wieder runter nach Deep Cove. Das Wetter änderte sich jede Minute zu mehr Regen: in Manapouri hatte noch die Sonne geschienen. In Deep Cove angekommen pressierten wir auf die „Seafinn“, um nicht schon vor der Cruise nass zu werden. Auf dem Schiff waren wir acht Passagiere plus Crew: Chris (meist Skipper), und Tracy (kochen, aufräumen, unterhalten, fischen, hilflosen Touristen helfen…). Das Schiff war zu unserem Glück für einmal nicht ausgebucht und wir waren eine lustige Runde aus zwei englischen Paaren, einem österreichischen Paar und uns.

Bald legten wir ab und ich betrachtete mal den Mikrokosmos (unsere kleine Welt für die nächsten 20h) „Seafinn“ etwas genauer.
[pic seafinn]
Ich nahm schon bald zur Kenntnis, dass der Seegang auch zuhinterst im Fjord stärker war als vermutet. Als wir dann zum ersten mal etwas in den Wellen tanzten, gab es auch gleich – gut getimed – Lunch. Crayfish bis zum Abwinken (wie wir später feststellten selbst gefangen und verarbeitet auf dem Schiff), für mich etwas Reis und Salat.
Draussen wurde die Szenerie immer eindrücklicher. Die Wolken hingen bedrohlich an den Hügeln, der Wind peitschte uns Regen um die Ohren – und hie und da sah man in der Ferne die Sonne durchscheinen.

IMG_3077
Der Regen (das Fiordland gehört mit bis zu 8000mm Regen zur den regenreichsten Region der Welt. Auch wenn das auf den Werbeprospekten anders aussieht…) ist fester Bestandteil der Region, und er führt dazu, dass überall Wasserfälle zum Vorschein kommen – zum Teil wurde das Wasser vom Winde verweht, ehe es die Meeresoberfläche erreichen konnte. Diese atemberaubende Kulisse könnte problemlos direkt aus „Avatar“ stammen. Immer wieder mal liessen sich Regenbogen blicken, wenn die Sonne mal durchstach.

Crooked Arm
Als wir in den „Crooked Arm“ (einer der drei Arme des Sounds) abbogen, wurde die See ruhiger. Und plötzlich schwammen neben und unter dem Boot Delphine. Sie waren so nah, dass man sie fast hätte anfassen können. Wir blieben und staunten ein paar Minuten. Gefühlte 1000 Fotoversuche später gingen die Delphine ihren Weg und wir tuckerten weiter durch den Crooked Arm.
[pic delphine]
Das Kajaken liessen wir aus (die anderen wurden richtig derb verregnet oder gingen unfreiwillig baden…), nicht aber das Fischen. Silvia hatte gerade einen Köder ausgeworfen und ich übernahm für ’ne Minute die Fischerrute – und schon zappelte ein „Blue Cod“ an der Angel. Der Kabeljau wurde gleich auf dem Schiff verarbeitet und war Teil des Abendessens. So geht das.

Tasman See
Man bemerkte ziemlich gut, als wir der Tasman See näher kamen. Die Wellen wurden grösser, höher und langgezogen. Wir hielten noch ein paar mal für die Fischtüchtigen an, und bald hatten wir mehr als genug Fisch für den Abend. Als dann einer noch einen Hai an der Angel rauszog, wars für mich dann genug des Fischens. Das Tier wurde zu seinem Glück wieder in die Freiheit entlassen, nachdem Chris mit viel Aufwand und Kraft den Haken entfernt hatte. Wir waren nun also am Ende des Sounds und am offenen Meer angelangt, da wartete die nächste Überraschung: plötzlich tauchten Albatrosse auf, die auf eine Gratismalzeit lauerten. Chris liess sich nicht lumpen und schmiss ihnen zum Teil ganze Fische hin, die sie mit einem Bissen frassen. Albatrosse sind grosse Vögel mit einer Spannweite von bis zu 3m und sie sind äusserst eindrücklich, wenn sie im scharfen Wind der Tasman See elegant vor dem Schiff durchsegeln.

IMG_3068
Bald kurvten wir um die Inseln am Ende des Sounds rum und trotz höherem Wellengang war die Faszination noch nicht vorbei. Eine der Inseln war besetzt von einer Kolonie Seebären. Auf einer andern fanden wir vereinzelt Gelbaugen Pinguine, ein Highlight jagte das andere. Aber der Tag neigte sich langsam zu ende, und wir wollten ja nicht gerade in den rauen Wellen der Tasman See übernachten.

Thomson Sound / Bradshaw Sound
Auf dem Rückweg in ruhigere Gewässer machte Chris noch den einen oder anderen Abstecher zu einer Boie und zog zumindest bei einer einen Käfig voll „Crayfish“ an Bord. Geschätzte 12 Stk waren es, und wie sich herausstellte, war das der Lunch für die Tour vom nächsten Tag.

IMG_3076
Die Tiere wurden auf dem Schiff verarbeitet und gekocht. Frischer geht’s nicht. Wir fuhren also einwärts und bogen in den Thomson Sound bzw. den Bradshaw Sound ein. Dort gingen wir an einer ruhigen Stelle vor Anker und übernachteten.

Bumpy Breakfast
Am nächsten Morgen brauchten wir keinen Wecker zu stellen. Chris startete um 06.15 die Motoren und lichtete Anker. Als ich nach oben ging, war der Frühstückstisch bereits gedeckt und ich fragte mich insgeheim, wann denn die beiden Crewmitglieder effektiv schliefen. Ich genoss an meinem Kaffee nippend die morgentliche Aussicht, als es plötzlich ruppig wurde. Zwei Wellen später räumte sich der schön gedeckte Tisch von selbst ab und Tracy rannte kullernden Tellern und rutschendem Besteck hinterher. Doch auch diese raue Stelle war irgendwann durchquert, und nachdem wir weitere tolle Wasserfälle passiert hatten, war auch schon wieder Deep Cove in Sicht. Ich konnte meine Stugeronkur wieder beenden und stellte zufrieden fest, dass ich die Cruise trotz Seegang sehr genossen hatte. Es bedeutete aber auch goodbye Doubtful Sound, zurück über den Pass, zurück über den Lake, zurück ins Spaceship.