Ihr kennt das: Kaum hat ein solches Ferienabenteuer begonnen, sitzt man schon wieder im Flieger zurück. Während des Fluges hat man dann entsprechend viel Zeit für einen ersten Rückblick. Wie war’s denn so? Hat sich die Reise gelohnt? Würde man sie anders machen? Möchte man je in das besuchte Land zurück? Ein Rückblick der anderen Art: Ich machte mich auf die Suche nach Gründen, wieso man Island nicht besuchen sollte und bediene mich dafür etwas den Vorurteilen.

Touristenflut

Island besuchen pro Jahr ca 5x mehr Touristen als es Einwohner hat. Das ist viel, auch wenn das Land gross ist. Die Infrastrukturen kommen an ihre Grenzen und vor allem wird langsam aber sicher sichtbar, was die vielleicht 5% Idioten unter den Besuchern für Schäden verursachen. Man findet insbesondere im Norden Islands kaum Zäune und Abschrankungen. Keine Warnschilder, keine Security, keine Ranger. Man bezahlt keinen Eintritt in die Nationalparks – ein Traum eines jeden Reisenden. Aber eben, man weiss es ja: Es gibt diejenigen, für die bedeutet kein Verbot = man darf alles und macht auch alles. Unglaublich, wo Touristen überall hinauf- und hinausklettern. Wo sie sich an den heissen Quellen die Hände verbrennen und dann reklamieren, es sei kein Warnschild da gestanden (es ist Wasser, dass blubbert und dampft – was kann man da missverstehen?). Zum Schutz der wunderschönen Natur des Landes sollte man eher nicht nach Island, wenn man sich nicht benehmen kann.

Wetter

Hm. Nein, kann ich so eigentlich nicht ins Feld führen. Wir hatten auf unseren 19 Tagen Reise ca 4 komplett verregnete Tage. Natürlich hatte man immer mal wieder einen Regenschauer, aber eigentlich hätte es im September üblicherweise stürmen sollen, sagten uns die Einheimischen. Wir wurden davon verschont. Im Gegenteil: Im Hochland hatten wir 3 Tage Sonnenschein, klarer Himmel auch in der Nacht und damit Sicht auf Nordlichter. T-Shirt Wetter ende August. In Thorsmörk war die Fernsicht dank dem trockenen Wetter atemberaubend. Bei den Gletschern vermissten wir die Sonnenbrille, da das Licht so hell war. Dennoch: das Wetter in Island ist launisch, es hätte auch anders herauskommen können.

Unfreundliche Isländer

Gibt es garantiert. Wir haben keinen getroffen. Im Service usw. wirken sie manchmal etwas unbeholfen und rau (die Touristen kommen ja sowieso. Lächeln ist hier nicht obligatorisch). Aber ausnahmslos alle Gastgeber/-innen waren äusserst hilfsbereit und freundlich, erzählten von Erlebtem, gaben bereitwillig Auskunft und Tips für Orte, die man besuchen soll.

Sandstürme

Kann es tatsächlich geben, z.B. bei den grossen Ebenen im Süden. Das Auto ist dagegen nicht versichert. Genauso wenig wie gegen Aschenschaden oder Wasserschaden (wenn ein Vulkan ausbricht oder man eine zu tiefe Furt erwischt)

Strandferien

Nun gut. Wer nach Island reist, um Badestrandferien zu machen, ist selbst schuld. Island hat atemberaubend schöne schwarze Strände. Aber baden will man da nicht. Der Wind bläst teilweise so stark, dass man bei offenem Mund auch schon mal Sandkörner zwischen den Zähnen hat.

Sprache

Isländisch ist ein Buch mit mindestens sieben Siegeln. Kirkjabærklaustur. Snyrtingar. Þórsmörk. Mjóeyri. Bláskógabyggð. Wenn man’s dann endlich lesen kann kommt dann noch die Aussprache. Die Isländer sehen einen nur verständnislos an. Wie hiess dieser Vulkan schon wieder? Glücklicherweise können die allermeisten fliessend Englisch. Also ist die Sprache eigentlich auch kein Grund, nicht hinzugehen.

Essen

Wer kein Lamm, keinen Fisch und keine Meeresfrüchte isst, der wird in Island nicht allzu viel Auswahl auf der Speisekarte finden. Vegetarische Menüs gibt’s, aber man wird das Gefühl nicht los, dass dies eher im Stile von „muss man ja anbieten“ vorhanden ist. Angeboten wird viel, aber Pasta und Pizza können sie nicht. Dafür kriegt man mit dem „Catch oft the Day“ oder der „Lambsoup“ immer was Gutes.

Preise

Die hohen Kosten für eine Reise in Island werden immer wieder ins Feld geführt. Tatsächlich, Billigferien gibt’s in Island nicht. Lebensmittel sind teuer, Übernachten auch, Alkohol sogar sehr und auch das Benzin ist nicht billig. Wir trafen in den Touristenspots auch zwischendurch mal wieder Eine Unterkunft an, die ihren hohen Preis nicht wert war. Aber mal ehrlich: wo gibt’s das nicht? Und nicht zu vergessen, die Nationalpärke sind alle gratis.

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Zugegebenermassen…

…sind sie eher gesucht und teils fadenscheinig, die Gründe. Island ist ein wunderschönes Land. Es ist geologisch eines der jüngsten unseres Planeten, und das kann man sehen. Die Isländer leben auf einem instabilen Untergrund: Mitten auf der Schnittstelle zwischen der Eurasischen und Nordamerikanischen Platte gelegen sind Vulkanausbrüche und Erdbeben vorprogrammiert. Und genau diese Voraussetzungen machen dieses Land so spannend, schön und abwechslungsreich. Das Meer trifft mit Gletscher zusammen. Lava soweit das Auge reicht. Grünes, schimmerndes Moos, welches die Lava überwuchert. Vulkankegel, blau grau gelbe Schwefelfelder, dampfende, stinkende, blubbernde Quellen, Findlinge, Furten, Geröllfelder: Wen wilde Landschaften faszinieren, der wird in Island mehr als fündig. Alles ist ohne Eintritt besuchbar und insbesondere im Hochland oder Norden sind kaum bis keine Absperrungen zu finden. Wer möchte nicht mal einen Meter neben dem leistungsfähigsten (gemäss https://de.wikipedia.org/wiki/Dettifoss) Wasserfall Europas stehen? Es lohnt sich, den Touristenströmen (heisst hauptsächlich den Ausflugsbussen ab Reykjavik) auszuweichen. Der Norden ist viel weniger besucht, da zu weit weg von Reykjavik. Und wer gerne wandert, der muss sich zwar mit den eher karg markierten Wanderwegen herumschlagen, dafür locken Routen wie Landmannalaugar nach Þórsmörk, ein mehrtägiger Hike durch das Hochland. Stichwort Hochland: sozusagen „mitten“ in Island sei nichts, „don’t go there“ – so schreiben zumindest ein paar frustrierte auf Trip Advisor. Das Hochland ist nicht besiedelt da karg und unwirtlich. Die Strassen dahin bzw dadurch sind mit Schlaglöcher und Geröll übersäht dürfen nur von 4WD Autos befahren werden (wobei auch hier nirgends ein Polizist steht, der PWs abweist. Aber die Einschränkung ist mehr als begründet). Zuerst empfanden wir die teils sehr raue Strasse als Ärgernis, schliesslich sind wir uns aus der beschaulichen Schweiz anderes gewohnt. Aber: wäre sie geteert und super befahrbar, würden sofort Touristenströme das Hochland bevölkern und die unberührte Natur wäre passé. Das wäre nicht nur schade, sondern eine veritable Katastrophe. Das Hochland ist einer der schönsten Orte in Island und bietet sehr, sehr viel unberührte Natur. Fantastisch.

Bis denndann

Vielleicht gehen wir irgendwann wieder. Die Westfjorde sollen gemäss Aussagen einiger die schönste Region von Island sein. Vielleicht lohnt es sich, das mal zu prüfen. Wenn’s denn mal wieder Zeit wird. Zeit für OutZeit.

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